Stichwort: Heimrecht

I. Sachverhalt

Der Eigentümer eines Hauses hatte dieses – ein ehemaliges Jugendgästehaus – umgebaut und dann auf zwei Etagen zehn Einzelzimmer mit Gemeinschaftsräumen und zwei Gemeinschaftsbädern eingerichtet. Die Räume vermietet er sodann an Senioren und verwies zugleich auf die Möglichkeit, sich für Pflegeleistungen an den Pflegedienst XY zu wenden; sämtliche Senioren schlossen in der Folgezeit mit diesem Pflegedienst einen Pflegevertrag.

Das Land Hessen untersagte den Betrieb dieser Wohngemeinschaft auf Grundlage des hessischen Heimgesetzes und verfügte umgehend die Schließung. Zur Begründung führte das zuständige Landesamt an, dass in Wahrheit es sich bei dieser Wohngemeinschaft um ein Hein handelt, das den Anforderungen des Heimgesetzes gerecht werden müsse, die jedoch nicht erfüllt würden.

Die Eigentümer stellten in ihrer Argumentation darauf ab, das entscheidend die gewählte vertragliche Konstruktion sei, die zwischen den Senioren und dem Eigentümer des Hauses und dem von den Senioren beauftragten Pflegedienst bestünden, während das Landesamt auf die tatsächlichen Verhältnisse abstellte.

II. Entscheidung

 Anknüpfend an die Rechtsprechung des hessischen Verwaltungsgerichtshofes in Kassel führte das Verwaltungsgericht Kassel, Beschl. v. 6.6.2011 – 5 L 335/11 und 5 L 372/11 – aus, dass § 1 Abs.1 BundesHeimG weder nach seinem Wortlaut noch nach seinem Sinn und Zweck voraussetzt, dass derjenige, der die Pflege und die Betreuung der in einer Einrichtung untergebrachten Bewohner übernommen hat, mit demjenigen identisch ist, der den Bewohnern im Rechtssinne Unterkunft gewährt. § 1 Abs.1 Satz 2 BundesHeimG definiert den Begriff des Heims ausschließlich nach dem Zweck, dem die jeweilige Einrichtung objektiv dient, der Personenneutralität des Bestands der Einrichtung und der Entgeltlichkeit des Betriebs der Einrichtung und damit unabhängig von der jeweiligen rechtlichen Ausgestaltung der Heimträgerschaft bzw. der Leistungsgewährung. An dieser gesetzlichen Definition orientiert, wird die Annahme eines Heimes im Sinne des § 1 Abs.1 Satz 2 BundesHeimG gerade nicht durch die vorliegende Trennung der Leistungserbringung ausgeschlossen. Diese Sicht der Dinge ergibt sich aus dem Zweck des Heimgesetzes, das dem Schutz der Bewohner vor finanziellen und vor allem gesundheitlichen Beeinträchtigungen dient. Entscheidend für die Annahme eines Heimes ist hiernach in erster Linie, welche Abhängigkeiten der Heimbewohner tatsächlich begründet werden, was zur Folge hat, dass die Annahme eines Heimes im Sinne von § 1 Abs.1 Satz 2 BundesHeimG nicht durch rechtliche Konstruktionen, nach der einzelne Leistungen verschiedenen Personen zuzurechnen sind, ausgeschlossen wird. Nach dieser Rechtsprechung, der sich das erkennende Gericht anschließt, kommt es daher nicht entscheidend darauf an, ob die Betreffenden rechtliche Gestaltungen gewählt haben, die formal darauf ausgerichtet sind, die Anwendung des Heimgesetzes auszuschließen, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse gleichwohl wie in einem Heim darstellen.

III. Praxistipp

Nicht nur in Hessen, sondern auch in anderen Bundesländern, werden die Wohngemeinschaften mit einem ambulanten Pflegedienst, die sich tatsächlich als ein stationäres Heim darstellen, als Heim qualifiziert, das entscheidend auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt und nicht auf die rechtlichen Beziehungen der Vertragsparteien untereinander.

Abzuwarten bleibt, inwieweit Ermittlungen von der zuständigen Heimaufsicht aufgenommen werden, die dann zu Ordnungswidrigkeiten, z.B. § 31 Wohn- und Teilhabegesetz des Landes Sachsen-Anhalt, führen werden.