Durch die zunehmende Mobilität der Menschen, gerade in Europa, entstehen – auch in erbrechtlicher Hinsicht – neue Probleme. Immer mehr Menschen haben Immobilen auch im Ausland oder heiraten einen Menschen mit einer anderen Staatsangehörigkeit, sodass in irgendeiner Art und Weise ein Bezug zum Ausland entsteht. Doch wie verhält es sich mit dem Erben und Vererben, wenn es zum Todesfall kommt?

Problematisch hierbei ist, welches Recht zur Anwendung kommt. Vielleicht das Recht des Landes in dem der Tote gestorben ist oder doch das Recht dessen Staatsangehörigkeit er zum Todeszeitpunkt hatte. Aus dem anzuwendenden Recht können sich ganz unterschiedliche Ergebnisse herausbilden, zum Beispiel im Bereich der Höhe des Pflichtteiles oder der Erbschaftssteuer.

Um herauszufinden, welches Recht zur Anwendung kommt, wird ein Merkmal benutzt, welches aus dem Sachverhalt geschlossen wird. Bislang hatte jedes europäische Land es selbst in der Hand dieses Merkmal zu bestimmen und somit auch zu bestimmen, welches Recht einschlägig ist. In Deutschland war dieses Merkmal bislang die Staatsangehörigkeit des Verstorbenen zum Todeszeitpunkt. Starb zum Beispiel ein Franzose in Magdeburg, hat man zur Bestimmung des Erbes das französische Recht angewendet. In Dänemark wird im Gegensatz dazu nach dem letzten Wohnsitz des Verstorbenen das Erbe bestimmt. In dem eben gebildeten Beispiel wäre dies das deutsche Recht. Je nachdem wo jetzt geklagt werden würde, kämmen unterschiedliche Ergebnisse in dem anzuwendenden Recht heraus und damit letztendlich auch hinsichtlich der Einwirkung auf das zu Vererbende.

Um diesen Konflikt aufzulösen, hat die Europäische Union eine gemeinsame Verordnung geschaffen, in der nun für (fast) alle EU-Länder bestimmt wird, wie man das anzuwendende Recht bestimmt. Todesfälle ab dem 17.08.2015 mit einem Auslandsbezug werden nach dieser Verordnung behandelt. Dabei ist grundsätzlich folgendes zu beachten:

Hierin wird einheitlich bestimmt, dass das Recht zur Anwendung gebracht wird, wo der Verstorbene seinen gewöhnlichen Aufenthalt zum Todeszeitpunkt gehabt hat. Dieser ist dort, wo sich der Verstorbene auf Dauer tatsächlich befunden hat oder befinden wollte. Um auf das Beispiel zurückzukommen: Hiernach würde also deutsches Recht angewendet werden, da der Verstorbene in Magdeburg gelebt hat. Zu beachten ist auch, dass der gewöhnliche Aufenthalt nicht mit dem gemeldeten Wohnsitz übereinstimmen muss, sondern nach dem Einzelfall zu bestimmen ist.

Um dem vorzubeugen, dass ein – aus Sicht des Erblassers – „falsches“ Recht zur Anwendung kommt, besteht durch die europäische Verordnung die Möglichkeit in einem Testament ausdrücklich zu bestimmen, dass das Recht seiner Staatsangehörigkeit zur Anwendung kommen soll. Hierbei kann jedoch gewählt werden zwischen der Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Rechtswahl oder dem des Todes. Im angesprochenen Beispiel wäre dies in jedem Falle das französische Recht, da sich die Angehörigkeit nicht geändert hat.

Des Weiteren wird durch die Verordnung das sogenannte Europäische Nachlasszeugnis eingeführt. Dies weißt – wie nach deutschem Recht der Erbschein – die Erben als solche aus, sodass der Nachweis über diese Stellung auch in anderen EU-Staaten erleichtert wird.

Diese Verordnung schafft vor allem da Rechtssicherheit, wo bisher wenig geherrscht hat. Nun ist es unerheblich, wo in Europa eine Klage erhoben wird, es ist immer sichergestellt, dass das gleiche Recht zur Anwendung kommt. Darüber hinaus werden die Gerichtsentscheidungen aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union auch in jedem anderen anerkannt werden. Ausnahmen sind nur sehr selten zulässig.

Anne Daehre