Den Studenten, die Unionsbürger sind, wird kein genereller Anspruch zugesprochen, nach den Grundsätzen deutscher Staatsangehörige Unterhalts- und Ausbildungsbeihilfen zu erhalten.

Leistungen nach BAföG stehen Unionsbürgern nicht zu, wenn sie sich zum Zwecke der

Ausbildung oder des Studiums nach Deutschland begeben haben und hieraus ihre Freizügigkeit ableiten. Ansprüche auf BAföG und Berufsausbildungsbeihilfe nach §§ 59 ff. SGB III bestehen aber, wenn der Studierende bereits ein Recht zum Daueraufenthalt (in der Regel nach fünf Jahren) besitzt.

Europarechtliche Gleichbehandlungsansprüche der Studierenden in Deutschland sind im

§ 63 Abs. 1 Nr. 2 SGB III zu finden. Nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, in der Fassung vom 01.01.2008 (geändert durch Artikel 4 G. v. 23.12.2007 BGBl. I S. 3254), gehören zu dem förderungsfähigen Personenkreis für die Berufsausbildungsbeihilfe Unionsbürger, die ein Recht auf Daueraufenthalt im Sinne des Freizügigkeitsgesetzes/EU besitzen. Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 des BAföG wird Ausbildungsförderung den Unionsbürgern, die das Recht auf Daueraufenthalt im Sinne des Freizügigkeitsgesetzes/EU besitzen, geleistet.

Nach § 4a Freizügigkeitsgesetzes/EU haben Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, das Daueraufenthaltsrecht.

Dieser Regelung folgt die EuGH Rechtsprechung. EuGH, Urteil vom 15. 3. 2005 – C-209/ 03 (Lexetius.com/2005,304)

Es stellt sich die Frage der Vereinbarkeit eines ausdrücklichen Ausschlusses eines Anspruchs auf gleichberechtigten Zugang zu Unterhaltsbeihilfen für Studenten in Hinblick auf Art. 18 EGV (Unionsbürgerschaft) und Art. 12 EGV (Diskriminierungsverbot).

Studienbeihilfen müssen mit Blick auf Unionsbürger den Anforderungen des EG-Vertrages genügen. Das entschied der Europäische Gerichtshof auf die Klage eines Franzosen hin, dem in England unter Hinweis auf seinen Studentenstatus die Beihilfe verwehrt worden war. Zwar dürften die Staaten eine gewisse Integration in die Gesellschaft verlangen. In der Rs. Bidarbezüglich der streitigen Beihilfe zur Deckung der Unterhaltskosten von Studenten erkannte der EuGH das berechtigte Interesse der Mitgliedstaaten an, darauf zu achten, dass die Gewährung von Studienbeihilfen an Studenten aus anderen Mitgliedstaaten „nicht zu einer übermäßigen Belastung wird, die Auswirkungen auf das gesamte Niveau der Beihilfe haben könnte, die dieser Staat gewähren kann“. Ein Ausschluss des für die Beihilfe notwendigen Daueraufenthaltsstatusses für ausländische Studenten stelle jedoch eine unzulässige Diskriminierung dar, entschieden die Richter (Urteil vom 15.03.2005, Az.: C 209/03). Soweit die nationale Regelung jedoch dazu führt, dass sie „für einen Angehörigen eines anderen Mitgliedstaates jede Möglichkeit ausschließt, als Student den Status einer auf Dauer ansässigen Person zu erlangen“, hält der EuGH sie offenkundig für unverhältnismäßig, da sie unabhängig vom tatsächlichen Grad der Integration in dem Aufnahmemitgliedstaat Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten benachteiligt.

„Eine Beihilfe, sei es in Form eines vergünstigten Darlehens oder eines Stipendiums, die Studenten, die sich rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufhalten, zur Deckung ihrer Unterhaltskosten gewährt wird, fällt in den Anwendungsbereich des EG-Vertrags, soweit es um das in Art. 12 Abs. 1 EG aufgestellte Diskriminierungsverbot geht.

Art. 12 Abs. 1 EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die Studenten nur dann einen Anspruch auf eine Beihilfe zur Deckung ihrer Unterhaltskosten gewährt, wenn sie im Aufnahmemitgliedstaat dauernd ansässig sind, und zugleich ausschließt, dass ein Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats als Student den Status einer dauernd ansässigen Person erlangt, auch wenn sich dieser Staatsangehörige rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufhält und dort einen großen Teil seiner Ausbildung an weiterführenden Schulen erhalten hat und folglich eine tatsächliche Verbindung zu der Gesellschaft dieses Mitgliedstaats hergestellt hat.“

Nach der deutschen Rechtsgrundlage wird für die Gewährung von Studienbeihilfen der Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt vorausgesetzt. Der Daueraufenthalt tritt erst nach einem fünfjährigen ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat ein. Somit wird dem Anliegen einer hinreichenden Integration in den Aufenthaltstaat Rechnung getragen.

Aus der EuGH-Rechtsprechung zur Unionsbürgerschaft schließt sich, dass sich das allgemeine Verbot von Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Art. 12 EGV) als Ansatzpunkt für einen umfassenden Anspruch auf Gleichbehandlung von EU-Angehörigen im Aufenthaltstaat im Sozialbereich und so auch der Studienbeihilfe etabliert hat. Dadurch stellt sich die Frage, ob weiterhin eine Privilegierung der nationalen Staatsangehörigkeit vorzunehmen ist. Es ist viel mehr aufgrund der Einführung der Unionsbürgerschaft eine Ausweitung der Gemeinschaftskompetenzen im Bildungsbereich anzunehmen, bei der die Studienbeihilfen in den Anwendungsbereich des EG-Vertrags fallen.

Gemeinschaftsrecht

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

Artikel 12 Absatz 1 EG:

Unbeschadet besonderer Bestimmungen dieses Vertrags ist in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

Artikel 18 Absatz 1 EG:

Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten.

 

Mariyana Marinova, LL.M.