Stichwort: Ausländer-und Asylrecht

I. Sachverhalt

Ein Staatsbürger der Republik Mali, reiste über Italien nach Europa ein und hat in diesem Land erstmalig einen Asylantrag gestellt. Anschließend reiste er dann nach Deutschland weiter und stellte dort einen weiteren Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wandte sich dann an die italienischen Behörden mit der Bitte um Übernahme nach der Dublin II Verordnung, so dass der Asylantrag in Deutschland unzulässig ist und der Kläger nach Italien abgeschoben wurde.

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat der gegen die Abschiebung gerichteten Klage stattgegeben, mit der Begründung, dass das Asylverfahren in Italien systematische Fehler aufzeigen würde. Hintergrund sind die zahlreichen Berichte in den Medien, dass die Asylbewerber in Italien schlecht oder gar nicht versorgt werden würden. Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat dann entschieden, dass der Kläger nach Italien abzuschieben ist mit dem Hinweis auf entsprechende Urteile des Europäischen Gerichtshofes.

Es stellt sich daher die Frage, welchen rechtlichen Anfordern der Begriff der „systematischen Mängel“ des Asylverfahrens unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden.

II. Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr die Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt in seiner Entscheidung vom 19.3.2014 – 10 B 6/14 bestätigt. Ein Asylbewerber darf nur dann nicht an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat überstellt werden, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat aufgrund systemischer Mängel, d.h. regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar. Bisher sind derartige systematische Mängel nur bei Griechenland festgestellt worden, so dass das Asylverfahren in Deutschland unzulässig ist und der Kläger nach Italien überstellt werden muss.

III. Praxistipp

Im Einzelfall ist es extrem schwierig die Überstellung in ein anderes Land, in dem zunächst ein Asylantrag gestellt worden ist, zu verhindern. Bisher sind nur Fälle von „Reiseunfähigkeit“ bekannt, die dazu geführt haben, dass der Asylbewerber nicht zurückgeschickt wird. Die Untergerichte arbeiten mittlerweile extrem effizient und sind in der Lage in 3-4 Wochen eine Entscheidung herbeizuführen, so dass man den Asylbewerbern eigentlich nur empfehlen kann freiwillig zurückzukehren, um Geld zu sparen, denn diese Verfahren kosten zumindest die Gebühren für den Rechtsanwalt, der dann ein Verfahren betreibt, was völlig aussichtslos ist.

Leider glauben viele Asylbewerber, schon aufgrund der Unkenntnis des deutschen Justizsystems, gerade in ihrem Fall gebe es noch einen „besonderen Paragraphen“, der sie vor der Rückführung schützt!

Die Ausländerbehörden haben seit der Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt die Möglichkeit auch diejenigen Asylanten zurückzuführen, die bisher in Sachsen-Anhalt verblieben sind, aufgrund der Tatsache, dass die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt hinsichtlich Italien abgewartet worden ist.