Mietrechtlicher Kündigungsschutz entfällt nur bei echten Studentenzimmern, die eine zeitliche Begrenzung und Fluktuation vorsehen

I.              Sachverhalt

Der Beklagte mietete im Februar 2004 vom Kläger ein Zimmer in einem als „Studentenwohnheim“ bezeichneten Anwesen. Die Baugenehmigung war 1972 für ein Studentenwohnheim erteilt worden. 63 der darin befindlichen Wohneinheiten waren aus Landessondermitteln zur Förderung von Studentenwohnheimen öffentlich gefördert worden, wobei die Preisbindung inzwischen abgelaufen ist. Das Anwesen verfügt über 67 Wohnräume, von denen mindestens vier nicht an Studenten vermietet sind. Die möblierten Zimmer sind etwa 12 m² groß, wobei Küche, Sanitäranlagen und Waschräume als Gemeinschaftsräume ausgeführt sind. Die gegenwärtige monatliche Teilinklusivmiete des Beklagten beträgt 190 €. Die Mietverträge sind regelmäßig auf ein Jahr befristet und verlängern sich um ein Semester, wenn nicht drei Monate vor Semesterende schriftlich gekündigt wird. Die Verweildauer der Mieter ist sehr unterschiedlich.

Am 27. Dezember 2008 kündigte der Kläger dem Beklagten schriftlich unter Hinweis auf „Hetzereien und Reibereien gegenüber uns und Dritten“ zum 31. März 2009. Der Kläger meint, die Kündigung sei auch ohne Darlegung eines berechtigten Interesses gemäß § 573 BGB wirksam, da diese Vorschrift gemäß § 549 Abs. 3 BGB* nicht anwendbar sei; es handele sich um ein Studentenwohnheim, bei dem einige Vorschriften des sozialen Mietwohnraumrechts nicht gelten.

II.            Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 13.06.2012 – Az.: VIII ZR 92/11 – entschieden, wann ein Gebäude als Studentenwohnheim im Sinne des § 549 Abs. 3 BGB zu qualifizieren ist, für das der sozialen Kündigungsschutz des § 573 BGB nicht eingreift. Begründet hat der Bundesgesetzgeber dies damit, dass der Gesetzgeber die in dieser Norm enthaltene Einschränkung des sozialen Mietschutzes nur von Hintergrund für gerechtfertigt gehalten hat, möglichst vielen Studierenden das Wohnen in einem Studentenwohnheim zu ermöglichen und dabei alle Bewerber gleich zu behandeln.

Dieses Ziel des Gesetzgebers kann nur erreicht werden, wenn der Vermieter in dem Wohnheim ein an studentischen Belangen orientiertes Belegungskonzept praktiziert, dass eine Rotation der Zimmer nach abstrakt – generellen Kriterien vorsieht. Ausdruck dieses Belegungskonzeptes ist die zeitliche Begrenzung der Mietverhältnisse und sie darf nicht den Zufälligkeiten der studentischen Lebensplanung oder dem eigenen freien Belieben des Vermieters überlassen bleiben. Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass § 549 Abs. 3 BGB nicht dazu dient, dem Vermieter eine im Einzelfall gewollte Vertragsbeendigung mit ihm nicht genehmen Mietern zu ermöglichen. Das der Rotation zu Grunde liegende, die Gleichbehandlung aller Bewerber wahrende Konzept des Vermieters muss sich dabei mit hinreichender Deutlichkeit aus der Satzung, einer entsprechender Selbstbindung des Vermieters oder zumindest aus einer lang anhaltenden Übung ergeben. Daran fehlt es im konkreten, zu entscheidenden Fall. Die ausgesprochene Kündigung war daher unwirksam.

III.           Praxistipp

Der Bundesgerichtshof hat mit dieser Entscheidung eine Definition gefunden für Studentenwohnheime im Sinne des § 549 Abs. 3 BGB und auch deutlich gemacht, dass die Privilegierung des §§ 549 BGB, der eine ganze Reihe von Normen des Mietwohnraums ausschließt, um einer erhöhten Flexibilität Rechnung zu tragen, nicht dazu führen darf, dass seitens des Vermieters diese Privilegierung missbraucht wird, um zu einer Nichtanwendbarkeit der Rechte des Mieters zu kommen. Deutlich wird auch in dem Urteil, dass zumindest eine lang anhaltende Übung vorliegen muss, um eine Vermietungsobjekt als ein Studenten-oder Wohnheim im Sinn des §§ 549 Abs. 3 BGB zu qualifizieren. Wie so oft im Mietrecht, kommt es natürlich auf den Einzelfall an, doch wird in diesem Urteil auch deutlich, dass der Bundesgerichtshof einer „Flucht aus den sozialen Bindungen“ des Mietrechts von Anfang an konsequent einen Riegel vorschiebt.