I.              Sachverhalt

Der Vermieter nimmt den Mieter auf Räumung und Herausgabe der Wohnung und auf Zahlung in Anspruch. Dem Vermieter war unmittelbar nach Vertragsabschluss bekannt, dass der Mieter die Wohnung als Geschäftsadresse benutzt und er hatte die Nutzung des Briefkastens für den Empfang der Geschäftspost ausdrücklich genehmigt und über zwei Jahre geduldet.  Er hat nur bestritten, dass er in die Nutzung des Briefkastens eingewilligt habe, die Duldung aber nicht in Abrede gestellt. Die auf den Abschluss des Mietvertrages gerichtete Willenserklärung wurde vom Vermieter angefochten, § 123 I BGB, um den Anspruch aus § 985 BGB durchzusetzen. Der Mieter macht geltend, er habe ein Recht zum Besitz, § 986 I S. 1 BGB, denn die nach § 124 I BGB erklärte Anfechtung wahre nicht die Jahresfrist. Es sei unerheblich, dass er die Wohnanschrift beim Handels-und Gewerberegister als Geschäftsanschrift angegeben hatte, denn dies sei für den Gesamteindruck der Wohnung nicht entscheidend, wie auch die Beschriftung des Firmennamen am Briefkasten. Der Vermieter erklärte vorsorglich die ordentliche Kündigung, § 573 I Nr. 1 BGB.

Das AG Pankow/Weißensee hat im Urteil vom 8.10.2014 – 2 C 211/14 – die Zahlungsklage abgewiesen und dem Räumungs- und Herausgabeantrag stattgegeben. Das LG Berlin hat in der Entscheidung vom 8.5.2015 – 63 S 369/14 –  das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Das LG erklärte, dass die Jahresfrist des § 124 I BGB nicht gewahrt ist, denn die Frist beginnt zu laufen, sobald der zur Anfechtung Berechtigte vom arglistigen Verhalten des anderen Teils Kenntnis erlangt hat. Der Vermieter kannte dies nach Vertragsschluss und Übergabe. Der Mieter hat die Wohnung nicht zum Empfang der Geschäftspost benutzt, da er den einzigen äußerlich erkennbaren Hinweis am Briefkasten entfernt hat. Der Vertragsverstoß falle deshalb nicht mehr ins Gewicht, so dass eine ordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt sei. Ein Vertragsverstoß von hinreichendem Gewicht ist gegeben, wenn sich ein wirtschaftlich denkender, vernünftig abwägender Vermieter in der konkreten Situation zur Vertragsbeendigung auch dann entschlösse, wenn er bei einem durch geringe Nachfrage geprägter Wohnungsmarkt mit Schwierigkeiten bei der Weitervermietung und Mietzinsverlusten zu rechnen hätte, Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Auflage,  § 573, Rn 21. Das ist nicht anzunehmen, da keine Beeinträchtigung in einem nennenswerten Umfang vorliegt. Es liegt kein Verstoß gegen Treu und Glauben vor, da der Vermieter zwei Jahre geduldet hat, dass der Mieter die Wohnung als Geschäftsanschrift benutzt hat. Die gleichen Argumente gelten auch für die fristlose Kündigung mittels E-Mail, da die Schriftform, § 568 I BGB, nicht gewahrt ist.

II.            Auswirkung auf die Praxis

Im Gegensatz zur Entscheidung des BGH v. 31.7.2013 – VIII ZR 149/13 – liegt hier keine unerlaubte gewerbliche Nutzung vor, sondern eine geduldete und der Beklagte hat den Hinweis auf das Gewerbe vom Bildkasten entfernt. Bei geschäftlichen Aktivitäten, die nach außen in Erscheinung treten, liegt eine Nutzung vor, die der Vermieter ohne eine entsprechende Vereinbarung grundsätzlich nicht dulden muss, BGH v. 14.7.2009 – VIII ZR 165/08, aaO Rn15.