Am 02. April 2012 hat das Bundesministerium der Justiz den Referentenentwurf zur Neuregelung des Sorgerechts von nicht miteinander verheirateten Eltern verschickt.  Das geplante Recht soll ein gemeinsames Sorgerecht für nicht verheiratete Eltern ermöglichen und schafft die Möglichkeit, dass der Vater die Mitsorge auch erlangen kann, wenn die Mutter dem nicht zustimmt.  Die Neuregelung führt in einem beschleunigten Verfahren zur gemeinsamen Sorge, wenn das Kindeswohl nicht ausnahmsweise entgegensteht (= negative Kindeswohlprüfung). Länder und Verbände haben jetzt Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

Gemäß der Regelung nach dem geltenden Recht, sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so entsteht das Sorgerecht nach § 1626 a II BGB zunächst als alleiniges Sorgerecht der Mutter. Die Eltern erhalten dann ein gemeinsames Sorgerecht lediglich durch entsprechende Sorgeerklärung i. S. d. § 1626 a I Nr. 1 BGB oder gem. § 1626 a I Nr. 2 BGB indem sie nachträglich einander heiraten. Zur Begründung des gemeinsamen Sorgerechts durch Sorgeerklärungen müssen beide Elternteile in öffentlich bekundeter Form – vor jedem Jugendamt oder einem Notar – ihre Sorgeerklärungen selbst abgeben.

Stellt die Mutter eines nichtehelichen Kindes sich gegen ein gemeinsames Sorgerecht mit demnichtehelichen Vater, so hat dieser in der Praxis kaum eine Chance, von der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit eines gemeinsamen Sorgerechts zu profitieren.

 

1998, mit der Kindschaftsrechtsreform als eine Maßnahme zur Verbesserung der Situation nichtehelicher Kinder, wurde nichtverheirateten Eltern erstmals die Möglichkeit gegeben, das Sorgerecht für ihre Kinder gemeinsam auszuüben. Da ging der Gesetzgeber davon aus, dass es dem Kind mehr schadet als nützt, wenn die gemeinsame Sorge gegen den Willen der Mutter erzwungen wird. Rollenverteilungen, Familien- und Lebensformen sind im Wandel. Es bedarf ein modernes Sorgerecht, das die gesellschaftlichen Realitäten widerspiegelt.

 

Der EGMR sah darin einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Grundrechte. Das Bundesverfassungsgericht hat mit einer Entscheidung vom 3. August 2010 den Vorrang unverheirateter Mütter beim Sorgerecht für verfassungswidrig erklärt. Das Vetorecht der Mutter setzt nach der Auffassung der Karlsruher Richter das Elternrecht des Vaters in unverhältnismäßiger Weise hinter dem der Mutter zurück, ohne dass das Kindeswohl dies verlange.

 

Die Novellierung des bestehenden Gesetzes soll Vätern Wege aufzeigen, wie sie auch ohne vorherige gerichtliche Entscheidung und ohne ein bürokratisches Verfahren ihr Sorgerecht ausüben können.

  • Wenn die Mutter nicht von selbst ihr Einverständnis mit der gemeinsamen Sorge erklärt,kann der Vater künftig wählen, ob er zunächst zum Jugendamt geht, um doch noch eine Einigung zu erreichen. Auch der Weg zum Familiengericht steht jederzeit offen, egal ob der Gang zum Jugendamt erfolglos bleibt oder von vornherein unsinnig erscheint.
  • Der Vater kann aber auch jederzeit das Familiengericht anrufen, entweder direkt oder dann, wenn sich herausstellt, dass die Mutter sich beim Jugendamt nicht mit einer gemeinsamen Sorge einverstanden erklärt oder sich nicht äußert.
  • Vor dem Familiengericht soll ein vereinfachtes Verfahren für alle unproblematischen Fälle möglich sein, wenn sich die Mutter entweder gar nicht äußert oder ihre Ablehnung auf Gründe stützt, die erkennbar nichts mit dem Kindeswohl zu tun haben. In dem vereinfachten Verfahren entscheiden die Richter schriftlich ohne persönliche Anhörung der Eltern. Das Familiengericht entscheidet in diesem Fall in einem beschleunigten und im schriftlichen Verfahren.
  • Das normale Familiengerichtsverfahren ist künftig nur noch notwendig, wenn tatsächlich Kindeswohlfragen zu klären sind, und die gemeinsame Sorge ist nur dann zu versagen, wenn ihr das Kindeswohl entgegensteht.

 

Dem Vater wird das Sorgerecht zugesprochen, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht (negative Kindeswohlprüfung).

Diese Novellierung trägt Untersuchung Rechnung, wonach es in vielen Fällen gar nicht um das Kindeswohl geht, wenn Mütter die gemeinsame Sorge ablehnen. So wünschen sich Mütter beispielsweise, bei Konflikten weiterhin alleine entscheiden zu können, andere sind nicht ausreichend über die gemeinsame Sorge informiert oder wollen Bürokratie vermeiden.

 

Mariyana Marinova, LL.M.
Advokat