Stichwort: Wohneigentumsrecht
I. Sachverhalt
Die Beklagte betrieb im dritten Obergeschoss eines Gebäudes ein ambulantes Operationszentrum. In dem darunter liegenden Stockwerk befand sich die Arztpraxis von Dr. W. , dessen Versicherer die Klägerin ist. Das Grundstück ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt. Sowohl der Beklagten als auch dem Versicherungsnehmer waren die von ihnen genutzten Räume, die im Sondereigentum unterschiedlicher Wohnungseigentümer stehen, jeweils mietweise überlassen worden. In der Nacht löste sich im Sterilisationsraum der Beklagten eine Schlauchverbindung, wodurch es zu einem Wasseraustritt und zu Schäden auch in den Praxisräumen des Versicherungsnehmers kam. Den Schaden glich die klagende Versicherung in Höhe aus. Diesen Betrag verlangt sie nunmehr von der Beklagten aus übergegangenem Recht. Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dabei hat es offen gelassen, ob die Beklagte ein Verschulden an dem Schadensereignis trifft, weil es darauf nach der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht ankomme.
II. Entscheidung
Der Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2013 – V ZR 230/12, hat einen Entschädigungsanspruch eines Wohnungseigentümers für Vermögensnachteile bejaht, die er durch eine von einer benachbarten Wohnung ausgehenden rechtswidrigen Einwirkung auf seine Wohnung erlitten hat. Dieser Entschädigungsanspruch sei auch gegeben, wenn ein Verschulden des Nachbarn nicht festzustellen ist und er gilt grundsätzlich auch im Verhältnis von Mietern, die die Räume von Wohnungseigentümern angemietet haben. Im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Eigentümern benachbarter Grundstücke sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass dem beeinträchtigten Grundstückseigentümer bzw. dessen Mieter ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehen kann, so der BGH. Gleiches gelte im Verhältnis von Sondereigentümern (bzw. hier deren Mietern), weil es sich bei dem Sondereigentum um «echtes Eigentum» handelt, das dem Wohnungseigentümer alleine zusteht, und mit dem dieser grundsätzlich nach Belieben verfahren und jeden anderen von Einwirkungen hierauf ausschließen kann. Da das Sondereigentum als eine Art Ersatzgrundstück fungiere, seien die Wohnungseigentümer insoweit wie Eigentümer benachbarter Grundstücke zu behandeln.
III. Praxistipp
Der Bundesgerichtshof hat mit diesem Urteil dem Begriff des „Grundstückes“ in § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB weiter ausgedehnt und der Anspruch findet nun auch Anwendung zwischen Wohneigentümern, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden, wie Grundstückseigentümer. Die Ausgestaltung des Wohneigentums zu einem „grundstücksgleichem“ Recht wird weiter fortgesetzt.
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