I. Sachverhalt

Der 1971 geborene ledige Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls bezog Leistungen nach dem SGB II, bewohnte eine 32,35 m² große Wohnung und zahlte für diese Wohnung eine monatliche Miete von 190,00 EUR. Zusammen mit den Heizkosten wurden ihm Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung in einer Gesamthöhe von 209,11 EUR monatlich bewilligt.

Der Kläger beantragte die Zusicherung zur Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung nach einem Umzug. Er benötige eine Wohnung mit Schlafzimmer, denn er könne wegen seiner Rückschmerzen nicht auf einer Couch schlafen. Er fügte ein Attest seines behandelnden Hausarztes sowie ein Mietangebot für eine Zwei-Raum-Wohnung bei, deren Wohnfläche 49 m² betrug und die der Vermieter für eine Gesamtmiete von 342,55 EUR (einschließlich kalter und warmer Betriebskosten incl. Warmwassererwärmung) an ihn vermieten wolle. Zudem legte er zwei weitere Wohnungsangebote vor, die höhere Mietzinsenauswiesen. Der Leistungsträger lehnte die Erteilung einer Zusicherung zur Übernahme von Kosten ab. Das Widerspruchsverfahren führte zu keinem Erfolg.

Der Kläger zog trotz der ablehnende Entscheidung während des Leistungsbezugs von seiner bisherigen in die begehrte Wohnung, für welche ein Gesamtmietpreis von 342,55 EUR anfiel. Der Leistungsträger bewilligte dem Kläger weiterhin Leistungen für Kosten der Unterkunft nur in der bisherigen Höhe von 209,11 EUR.

 

Ab April 2007 ging der Kläger einer Erwerbstätigkeit aus einem Beschäftigungsvertrag für Saisonarbeit nach und schied aufgrund dessen vom Leistungsbezug nach dem SGB II für fünf Monate aus. Es handelte sich um eine zeitweise Beschäftigung, das Arbeitsverhältnis wurde am 14. Oktober 2007 beendet. Der Kläger beantragte am 11. Oktober 2007 erneut Harz-IV-Leistungen. Ihm wurden für den danach folgenden entsprechenden Zeitraum monatliche Leistungen nach dem SGB II – Kosten der Unterkunft und Heizung – von der bis dahin zu tragenden Aufwendungen 209,11 EUR bewilligt. Der Leistungsträger begründete diese Entscheidung damit, dass der Umzug nicht erforderlich gewesen sei, weshalb die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II anzuwenden sei. So seien für den Kläger nur Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen zu erbringen.

II. Entscheidung

Eine aufgrund eines nicht erforderlichen Umzugs des Leistungsberechtigten ohne Zustimmung des Leistungsträgers eingetretene Begrenzung der Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB 2 wirkt nicht fort, wenn in der Folge der Leistungsbezug für mindestens einen Monat unterbrochen war. Die Vorschrift des § 22 Abs 1 S 2 SGB 2 ist auf den dann neuen Leistungsfall nicht (mehr) anwendbar. Dies entschied das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt in seinem Urteil vom 28.02.2013 – L 5 AS 369/09 -.

Begründet wurde dies damit, dass § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II dann nicht mehr anwendbar ist, wenn der Leistungsbezug unterbrochen wird und deshalb eine erneute Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen vorzunehmen ist.

 

Die Sollvorschrift der Einholung einer Zusicherung vor Abschluss eines Vertrags über eine neue Unterkunft trifft allein erwerbsfähige Hilfebedürftige. Daraus folgt, dass nur die im Leistungsbezug stehenden Hilfebedürftigen den Regelungen des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB 2 im Hinblick auf mögliche Kürzungen ihrer Unterkunftskosten unterworfen sind. Diese sind im Zusammenhang mit dem in § 2 Abs. 1 SGB II normierten Grundsatz des Forderns zu verstehen, der den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen u.a. aufgibt, alle Möglichkeiten zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Dazu gehört auch die Obliegenheit, während des Leistungsbezugs seinen Hilfebedarf nicht ohne wichtigen Grund zu erhöhen. Wer hingegen nicht oder nicht mehr im Leistungsbezug steht, ist auch den Regelungen des SGB II nicht unterworfen.

 

Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt führt ferner in seiner Entscheidung auf, dass es jedoch nicht jegliche Unterbrechung des Leistungsbezugs ausreichend ist, um die Rechtsfolge des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB 2 entfallen zu lassen. Erforderlich ist vielmehr ein gewisser Zeitraum, der den ehemals Hilfebedürftigen nicht mehr den Regelungen des SGB II unterwirft. Endet der Leistungsbezug für mindestens einen Monat, stellt dies eine derartige Zäsur dar, dass das Zustimmungserfordernis in einem solchen Fall bedeutungslos wird. Dies setzt allerdings voraus, dass die Hilfebedürftigkeit für diesen einen Monat aus eigener Kraft, d.h. durch eigenes Einkommen und nicht durch Rückgriff auf Schonvermögen oder nicht nachhaltige Zuwendungen Dritter überwunden wird. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass ein Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung nicht durch ein kurzfristiges, missbräuchliches Abmelden aus dem Leistungsbezug bei fortbestehender Hilfebedürftigkeit herbeigeführt werden kann.

III. Praxistipp

Bei der Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II lässt sich grundsätzlich der Einzelfall unter der Berücksichtigung seiner besonderen Umstände überprüfen. Maßgebend sind sowohl mögliche Unterbrechung des Leistungsbezuges als auch die zutreffende Angemessenheitsgrenze der beantragten Kosten.

Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hat mit seiner Entscheidung klargestellt, dass wer nicht oder nicht mehr im Leistungsbezug steht, ist auch den Regelungen des SGB II nicht unterworfen. Anderenfalls wäre es einem aus dem Leistungsbezug Ausgeschiedenen dauerhaft nicht möglich, eine teurere Wohnung zu beziehen, weil er für den Fall eines künftigen, ungewissen Leistungsbezugs mit einer Leistungsreduzierung rechnen müsste.

Mariyana Marinova, LL.M.

Advokat