I.              Sachverhalt

Der Bruder der Beklagten hatte vom Kläger eine Wohnung angemietet. Nachdem die Mieten zweimal nicht gezahlt worden waren, drohte der Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses an. Auf Bitten der Beklagten war er jedoch bereit, von der Kündigung Abstand zu nehmen und die Rückstände dem Kautionssparbuch zu entnehmen, sofern ihm eine andere Sicherheit gestellt würde. Die Beklagte unterzeichnete eine Bürgschaftserklärung, in der sie sich für die Miete ihres Bruders verbürgte. In der Folgezeit blieb der Bruder der Beklagten die Mieten für weitere Monate schuldig. Der Kläger kündigte das Mietverhältnis deshalb fristlos und erhob Räumungs- und Zahlungsklage.

II.            Entscheidung

Die Beklagte hafte dem Kläger aus der Bürgschaft für sämtliche von ihm geltend gemachten Ansprüche aus dem Mietverhältnis mit ihrem Bruder, so der BGH in seinem Urteil vom 10.04.2013, – Az.: VIII ZR 379/12.Die Bürgschaftserklärung enthalte keine zeitliche oder betragsmäßige Begrenzung. Zudem sei das Ende der Vertragsbeziehung aus der Bürgschaft auf den Zeitpunkt festgelegt, zu dem alle Mieten und Mietnebenkosten zum Ende des Mietverhältnisses beglichen seien. Aus der maßgeblichen objektiven Empfängersicht sei die Bürgschaftsurkunde daher dahin zu verstehen, dass sämtliche Forderungen aus dem Mietverhältnis einschließlich einer etwaigen Nutzungsentschädigung nach § 546 BGB von der Bürgschaft umfasst seien.

Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Bürgschaft ohne Kautionsabrede und damit rechtsgrundlos geleistet sei. Die Bürgschaft sei auch nicht deshalb unwirksam, weil sie entgegen § 551 Abs. 4 BGB drei Monatsmieten übersteige. Diese Vorschrift sei entsprechend ihrem Sinn und Zweck einschränkend auszulegen. § 551 Abs. 1 BGB verfolge den Zweck, den Mieter unter Anerkennung des Sicherheitsbedürfnisses des Vermieters vor zu großen Belastungen zu bewahren und Erschwerungen für den Abschluss neuer Mietverträge entgegenzuwirken, die in mobilitätshemmender Weise von hohen Kautionsforderungen ausgehen könnten. Vom Schutzzweck des § 551 Abs. 1 BGB werde allerdings der Fall nicht erfasst, dass ein Dritter unaufgefordert dem Vermieter eine Bürgschaft zusage und es anschließend zum Abschluss eines Mietvertrages komme; jedenfalls gelte dies dann, wenn die Bürgschaft erkennbar nicht mit besonderen Belastungen für den Mieter verbunden sei.

Ein weiterer nicht vom Schutzzweck des § 551 Abs. 1 BGB erfasster Fall sei gegeben, wenn – wie hier – der Vermieter von einer sofortigen Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs absehe, weil die in Form eines Sparguthabens gewährte Kaution für die Rückstände verwendet werde und er auf sein Verlangen hin von einem Dritten eine Bürgschaft erhalte, die alle Forderungen auf Miete und Nebenkosten bis zum Ende des Mietverhältnisses sichere. Die über drei Monatsmieten hinausgehende Bürgschaft stelle jedenfalls dann keine übermäßige Belastung des Mieters dar, wenn es sich – wie hier – um eine unentgeltlich gewährte Bürgschaft handele. Er müsse dem Bürgen zwar die Aufwendungen ersetzen, die diesem im Falle der Inanspruchnahme durch den Vermieter entstünden. Dabei handele es sich aber nicht um zusätzliche Verbindlichkeiten, denn der Mieter müsse dem Bürgen in diesem Falle nur das ersetzen, was er ohnehin dem Vermieter geschuldet habe.

III.           Praxistipp

Ein unabdingbares Verbot, in dieser Situation eine drei Monatsmieten übersteigende Sicherheit zu vereinbaren, würde in erster Linie den Mieter benachteiligen, weil der Vermieter in diesem Fall keine wirksame zusätzliche Sicherheit erhalten könnte und die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen des eingetretenen Zahlungsverzuges die Folge wäre; die dem Schutz des Mieters dienende Begrenzung der Mietsicherheit würde damit in ihr Gegenteil verkehrt.