I. Sachverhalt

In einem Mietrechtsstreit hat ein Mieter minderungsrelevante Mängel vorgetragen, Fotografien vorgelegt und Beweis angeboten. Amts- und Landgericht als Berufungsinstanz haben keinen Beweis erhoben, weil allenfalls eine unerhebliche Minderung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache vorliege und anhand des Vortrags des Mieters nicht hinreichend erkennbar sei, dass und welche Gebrauchsbeeinträchtigung vom vermeintlichen Mangel ausgehe. Die Berufung des Mieters wurde nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Eine Anhörungsrüge des Mieters blieb erfolglos. Ist eine Verfassungsbeschwerde vor dem zuständigen Landesverfassungsgericht begründet?

II. Entscheidung

Ein Mieter, der wegen eines Mangels Mietminderung geltend macht, muss nur den konkreten Sachmangel darlegen, nicht das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung, so das VerfGH Berlin, Beschluss vom 23.01.2013 – VerfGH 11/12. Das erkennende Gericht ist verpflichtet, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Wird der schon als Beweisangebot substanziiert dargelegte Mangel als unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung abgetan und die Berechtigung, Miete zu mindern, verneint, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots ist jedenfalls dann mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör nicht vereinbar, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet, was etwa dann der Fall ist, wenn ein Gericht verkennt, dass die Ablehnung eines Beweises für eine erhebliche Tatsache nur zulässig ist, wenn diese so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist, BVerfG, Beschluss vom 24.01.2012 – 1 BvR 1819/10. Mit diesen Grundsätzen ist es nicht vereinbar, wenn das Landgericht das unter Beweisantritt aufgestellte und konkretisierte Vorbringen des Mieters unberücksichtigt lässt. Nach der Rechtsprechung des BGH muss der Mieter, der sich gegenüber dem Zahlungsanspruch des Vermieters auf einen Mangel der Mietsache beruft und daraus eine Minderung des Mietzinses herleitet, nur konkrete Sachmängel darlegen, die die Tauglichkeit der Sache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigen. Das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung durch den Mangel fällt dagegen nicht in die Darlegungslast des Mieters. Liegt der behauptete Mangel vor, so ist, gegebenenfalls unter Heranziehung eines Sachverständigen, der Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung zu klären. Daraus folgt sodann ohne Weiteres das Maß, in dem der Mietzins kraft Gesetzes gemindert ist, so der BGH, NJW 2012, 382. Demzufolge hätte das Landgericht den Beweisantritt des Mieters nicht übergehen dürfen. Die Missachtung der eindeutigen Rechtsprechung des BGH, auf die sich der Beschwerdeführer ausdrücklich berufen hat, verletzt ferner das Willkürverbot, so dass die Verfassungsbeschwerde vollumfänglich begründet ist.

III.  Praxistipp

Amts- und Landgericht haben im vorliegenden Fall die Substanziierungslast des Mieters deutlich überspannt: Da die Minderung nach § 536 BGB kraft Gesetzes eintritt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung oder einen bestimmten Minderungsbetrag braucht der Mieter hingegen nicht vorzutragen. Von ihm ist auch nicht zu fordern, dass er über eine hinreichend genaue Beschreibung der Mangelerscheinungen hinaus die – ihm häufig nicht bekannte – Ursache dieser Symptome bezeichnet, BGH, NJW 2012,382.