In Sachsen-Anhalt wurde der Entwurf einer Personalverordnung zum WTG LSA vorgelegt. Dieser Entwurf sorgt für viel Zündstoff. Nicht nur weil der Landtag vor dem Inkrafttreten das Einvernehmen sich vorbehalten hat. Dies bedeutet konkret, dass die Verordnung erst dann in Kraft treten kann, wenn der Landtag darüber positiv entschieden hat. Die verfassungsrechtlichen Fragen dieses Verfahrens bleiben an dieser Stelle unerwähnt. Interessanter ist die vom Ministerium vorgesehene Regelung zur Personalvorhaltung.

Der Entwurf der WTG-LSA PersVO enthält insbesondere in § 8 Abs. 3 quantitative Vorgaben bezüglich der Personalvorhaltung. In den Tagesdiensten stationärer Einrichtungen muss gewährleistet sein, dass für jede Station oder für jeden Wohnbereich, zumindest aber für bis zu je 30 belegte Einrichtungsplätze, eine Fachkraft ständig anwesend ist. Weiterhin muss in stationären Einrichtungen mit pflegebedürftigen Bewohnern in den Nachtdiensten mindestens eine Fachkraft in stationären Einrichtungen mit 100 und mehr belegten Einrichtungsplätzen mindestens eine weitere Fachkraft, in stationären Einrichtungen mit 200 und mehr belegten Einrichtungsplätzen zwei weitere Fachkräfte ständig anwesend sein müssen.

Die bisherige Praxis sah so aus, dass die Heimaufsicht nicht verlangte, dass in jeder Schicht 50% Fachkräfte tatsächlich anwesend sein müssen, sondern die Heimaufsicht legte die Vorschrift der bis jetzt geltenden Heimpersonalverordnung dahingehend aus, dass sich die 50% Quote auf die Gesamteinrichtung bezieht. Insoweit stellt die neue Regelung eine eindeutige Verschärfung dar. Diese neuen quantitativen Vorgabensinddemzufolge auch nicht Grundlage der Pflegesatzvereinbarungen nach § 85 SGB XI, die bisher geschlossen worden sind.

Wie oben ausgeführt fordert § 8 Abs. 3 E-WTG LSA PersVO eine quantitative Vorgabe in Bezug auf die Personalvorhaltung in stationären Einrichtungen. Ungeklärt ist bisher die Frage, ob diese Regelung in § 8 Abs. 3 E-WTG LSA PersVO auf die Übereinstimmung im Hinblick auf  die Regelung des Art. 74 Nr. 7 Grundgesetz untersucht werden. In Umsetzung des Aufgabenbereiches der öffentlichen Fürsorge hat der Bundesgesetzgeber in § 84 Abs. 5 SGB XI in den Nrn. 1-3 die Angaben geregelt, die in Pflegesatzvereinbarungen nach § 85 SGB XI der Berechnung der Entgelte zu Grunde liegen müssen. Wie oben ausgeführt greift der  Verordnungsentwurf in diesen Regelkreis ein. Beide Regelungen treffen denselben Sachverhalt, nämlich ein Personaleinsatz in Pflegeeinrichtungen unter Wahrung der Versorgungssicherheit der Bewohner. Diese Regelungen sollten eigentlich  ausschließlich durch die Parteien Selbstverwaltung getroffen werden. Entsprechende landesgesetzliche Regelungen wären möglicherweise nicht durch die Verfassung gedeckt.

Konkrete praktische Auswirkungen:

 a)    Personeller Mehrbedarf bei den Fachkräften

Diese neuen personellen Vorgaben§ 8 Abs. 3 E-WTG LSA PersVO betreffen insbesondere größere Einrichtungen in Sachsen-Anhalt, die über die Mittel nach Art. 52 Pflege VG in den neunziger Jahren gefördert worden sind. Konkret bedeutet die Verabschiedung der E-WTG LSA PersVO, dass alle größeren Einrichtungen im Land Sachsen-Anhalt, Hilfskräfte entlassen müssten und Fachkräfte statt dessen einstellen müssten, um überhaupt in der Lage zu sein, die Anforderungen aus dem E-WTG LSA PersVO erfüllen zu können. Die Personalschlüssel, also die Menge des vereinbarten Personals hat sich ja nicht erweitert, deshalb geht für die Einrichtungen kein Weg an Kündigungen vorbei, falls der WTG LSA PersVO so verabschiedet werden würde.

Nach Schätzungen der Leistungserbringerverbände müsste das Verhältnis Fachkräfte zu den Hilfskräften nach den Vorgaben der E-WTG LSA PersVO nicht mehr bei 50:50 liegen, sondern bei 70:30, weil ein Verstoß gegen die Anwesenheitspflicht immer eine Ordnungswidrigkeit nach sich ziehen kann. Dies ist durch die Heimaufsicht, die immer auch die Dienstpläne prüft, ohne weiteres für jeden Tag im Jahr nachzuvollziehen.

b)    Konkurrierende Qualitätsanforderungen im SGB XI und im SGB XII

Im Bereich der Pflege nach dem SGB XI gibt es zu dieser geplanten Regelung konkurrierendes Leistungsrecht. Bundesweit sieht die Prüfanleitung des Medizinischen Dienstes in der Pflege vor, dass die Behandlungspflege von Fachkräften durchgeführt werden kann, die die formale Qualifikation aufweisen müssen. Wenn die formale Qualifikation nicht vorliegt, dann muss die materielle Qualifikation vorliegen. Konkret bedeutet dies, dass in der Pflege Hilfskräfte die Behandlungspflegen durchführen können, wenn diese vorher dazu angeleitet worden sind. Im Bereich der Behindertenhilfe ist diese Frage des Einsatzes von Hilfskräften in der Behandlungspflege nicht geregelt. Vor diesem Hintergrund stellt sich nach unserer Auffassung die Frage, welchen Zweck die geplante Regelung in § 8 Abs. 3 E-WTG LSA PersVO verfolgen soll, wenn das Leistungsrecht anderslautende Vorgaben macht. (Vergleiche dazu Punkt 16.5 in der MDK-Prüfrichtlinie)

c)    Rechtsfolgen

Verstöße gegen § 8 Abs. 3 E-WTG LSA PersVO würden eine Ordnungswidrigkeit nach § 31 Abs.2 WTG LSA darstellen und sind mit einer Geldstrafe von bis zu € 10.000.- belegt. Die größeren Einrichtungen müssen also immer eine ausreichende Anzahl von Fachkräften vorhalten, damit die Führungskräfte bei plötzlicher Krankheit von Fachkräften oder anderen unvorhersehbaren Ereignissen, – die es immer gibt-, nicht Gefahr laufen mit einer Ordnungswidrigkeit belegt zu werden. Wer nach den Vorgaben des WTG LSA PersVO zweimal innerhalb von fünf Jahren eine solche Ordnungswidrigkeit begangen hat und gegen den eine Geldbuße in dieser Sache rechtskräftig festgesetzt worden ist, der ist nach § 3 E-WTG LSA PersVO persönlich ungeeignet diese Funktion weiterhin ausüben zu können. Für diese Führungskräfte bedeutet die Tatsache, dass aus welchen Gründen auch immer nicht genug Fachkräfte zum Dienst erscheinen, immer die Möglichkeit persönlich ungeeignet für diese Position zu sein. Diese Rechtsfolge ist wohl die schwerste, die diese Verordnung nach sich ziehen kann, weil es nicht immer im Herrschaftsbereich der Führungskräfte in der Altenpflege liegt, Personalausfälle und Personalengpässe zu vermeiden.

RA FAMWR FAVwR Sts a.D. Ulrich Koehler in CAREKonkret Ausgabe 24 vom 12.06.2015 S. 6